Slein Raclet, Privatdetektiv

1. Kapitel

Slein Raclet war zutiefst betrübt über die lasche Haltung seines Willens gegenüber des hereinbrechenden Tages. Frohgelaunt wollte er den Anforderungen des irdischen Lebens entgegentreten. Seine Ideallinie verliess ihn aber schon beim Betrachten seines Spiegelbildes und der Uhrzeit. His magic dog lag ebenfalls noch unmotiviert unter dem Podest seines Lagers. Einzig die Flöhe waren aktiv und suchten sich neue Betätigungsfelder. Am Bettende hatte sich eine Lache Blubbwasser gesammelt, die in der Mittagssonne ihren leichten Duft im Futon verewigte. Der Chillout war mühsam gewesen; gewöhnlich wurden Erregungen ausgetauscht, die aber im Laufe der Zeit nicht mehr genügten, um satt zurückzufallen. Die Oberflächlichkeit und Coolness hatten Einzug gehalten in einer durchschaubaren Welt der Gefälligkeit, die ihre Erstklassigkeit verloren hatte. Vibrationen hatten sich in einer erstaunlichen Rasanz in die Salons gedrängt, Träger der Jugendlichkeit und Statussymbol des Glücks.

Die Fontäne entsprang seinem Gesicht, um sich wohlig am Boden zu sammeln. Eine Träne rann fast unmerklich aus seinem rechten Auge und verlagerte ausgeschiedenes Bindehautgewebe der kurzen Nachtruhe. Ein kleinlautes Raunzen veranlasste ihn, sich umzudrehen und einen Arsch in Strickunterhose und einen dazugehörenden Peroxydblondschopf zu registrieren. Okay, erstmal der Schönen einen Kaffee kochen, die Kotze wegwischen, Hund versorgen und sich mit einem Duschgang einigermassen wiederherstellen.

Er bewohnte eine 2 ZKB am Ostrand der Stadt. Durch den Nahverkehrsanschluss war es ihm weitgehend möglich, auf ein Kraftfahrzeug zu verzichten. Die Bevölkerung hoffte auf die deutsche Meisterschaft und Senkung der Mineralölsteuer. Slein wankte in die Küche, wenigstens erfreut, dass eine gewisse Verspulung noch Einfluss hatte, so dass er nicht sofort eine Mischung machen musste. Er entdeckte eine angebrochene Dose isotonischen Getränks und frass vorsorglich eine Orange. Der Kaffee war alle und er fand Blut neben dem Kühlschrank. Nicht so tropfenförmig wie sein Nasenbluten, sondern eine Lache. Blut. Einfach so. Lag da.

Slein Raclet fragte sich, ob er noch normal sei. Zu dieser Zeit war das normal. Aber eine Lache Blut neben dem Kühlschrank war nicht normal. "Scheisse, Scheisse, Scheisse! Ganz ruhig Slein, ganz ruhig!" Er setzte sich auf einen Stuhl, wartete, ging zurück ins Schlafzimmer. Legte sich hin. Es roch nach Kotze. Sein Kopf klopfte. Er dachte an seine Mutter. Es war nicht gut, wenn Blut in der Küche war.

Stillstand der Gedanken, Decke über den Kopf, beruhigen. Ruhe bewahren. Es klingelte an der Tür.

"Schrill!"

"Schrill!"

Slein Raclet lugte unter der Decke hervor. Wieder ein Raunzen. Das Mädchen.

"Schrill!"

"Mrrrm! Mach´ doch auf!"

"Gleich!"

"Schrill! Schrill!"

"Was´ n los? Guck doch mal, wer da ist."

Slein Raclet steht auf und geht zur Tür. Jazz on his mind.


Es war nicht nötig, die Türe zu öffnen, da ihm der Rahmen entgegensplitterte und im nächsten Moment sein Kopf einen wuchtigen Explosionsschlag auslöste, der sich, wie leicht verhallend, auf dem Fussboden doppelte und dann vervielfachend fortsetzte.

Zwei Männer drangen in seine Wohnung ein, wie ein kalter, spitzer Stahl die äussere Hautschicht durchdringt und es wurde ihm warm. Das Blut umgab ihn im Bauch seiner Mutter und alles war gut.

Als er erwachte war es dunkel. Er lag verwurstelt ohne Orientierung auf kaltem Stein. Er regte den Kopf und knallte gegen das Abflussrohr des Waschbeckens. Er kroch in die Diele, die mit Holzsplittern übersät war und betrachtete sich die Wohnungstür. Sie war an den Rahmen gelehnt. Davor lag ein Zettel. Es war eine Visitenkarte. "You were beaten by L.L.C. 1977". Toll! Ein lächerlicher Totenschädel grinste ihn auf der Rückseite an. Leider keine Telefonnummer, sonst hätte er kurz mal Hallo gesagt.



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