Spielplatzmonster
Eine sehr schöne Freizeitbeschäftigung war das Glotzen von Videofilmen. Es wurde zumeist darauf geachtet, dass die Filme erst ab 18 Jahren freigegeben waren, da dies einen gewissen Standart garantierte. Da Bill Kinderhirn grosser Anhänger der Gruselfilme war, freute er sich über „Die Rückkehr der lebenden Toten“ oder „Tanz der Teufel“ und war hocherfreut über den Nervenkitzel, den diese Filme nicht nur bei ihm auslösten.
An einem schönen Sommertag, an dem es einfach ein Frevel gewesen wäre, in der Bude zu hocken, kam er mit seinen Freunden auf eine prima Idee. Sie hatten sich an Fasching verschiedene Monstermasken besorgt. Bill besaß eine Frankensteinmaske aus grünem Latex und mit gefährlichen Wundzeichnungen, die rot triefend über das Gesicht liefen. Er hatte sie zu Hause schon eingeweiht, indem er einen Nachbarsjungen in die Wohnung lockte und sich geschickt in der Diele versteckte. Als der Junge suchend in der Wohnung herumlief, schreckte der maskierte Bill hervor und schockte den jüngeren Spielgenossen derart, dass er trotz seines zarten Alters fast einen Herzanfall bekam. Bill musste ihn tröstend in den Arm nehmen und dem zitternden Kind eine ganze Weile besänftigend zureden, bis er sich wieder fasste. Cool!
Auch Bill´s Freunde hatten gruselige Verkleidungen. Einer besaß eine Affenmaske mit behaarten Handschuhen und sah aus wie King Kong. Ein anderer verkleidete sich als Metzger und war mit einer krankhaft lechzenden Maske unterwegs. Diese drei nun, sollten die Monster sein. Man gab ihnen zusätzlich Leinensäcke in die Hand, um darin die Leichenreste einzusammeln. Ein unmaskierter Junge wurde nun auf den Spielplatz vorgeschickt, um die Kinder vor bösen Männern aus dem Wald zu warnen. Diese Warnung wurde gleich in den Wind geschrieben, da sich schon etwas grössere Kinder auf dem Spielplatz befanden, die unseren Freund auslachten. Doch alle hatten es irgendwie mitbekommen. Minuten später konnte man nun rauhe Gurgelgeräusche aus der Richtung des Waldes hören und langsam und gemächlich kamen drei Gestalten aus verschiedenen Richtungen angeschlurft, schwenkten ihre Säcke und rissen ihre Arme wild umher. Perfekt imitierten sie zombiehafte Gurgelgeräusche und stolperten so auf die Kinder zu. Ganz kleine rannten davon, doch die etwas älteren wagten es, sich vor die Angreifer zu stellen und sie auszulachen. Die Bewegungen und Laute waren aber dermaßen echt, dass auch sie sich nicht mehr sicher waren, ob das alles nur gespielt sei. Auch sie ergriffen lieber die Flucht, was dann zu einer regelrechten Panik ausbrach. So stoben sie schreiend auseinander und wurden aber von zuvor postierten Wachen beobachtet, welche Richtung sie einschlugen. Kinder, die nahe am Spielplatz wohnten, retteten sich in ihre Wohnungen, doch andere kamen nicht soweit. So musste sich ein Junge unter dem Balkon eines Mehrfamilienhauses verstecken und wurde dabei leider beobachtet. Er saß bibbernd im Kies umgeben von Betonwänden. Unser Affenmann ging nun geschickt um das Haus herum und konnte so von der anderen Seite an den Jungen herankommen, ohne dass er dies bemerken konnte. Zudem war der Sichtwinkel nun so günstig, dass alleine die behaarten Hände als erste sichtbar wurden, die sich langsam um die Betonwand vortasteten. Der Kleine schrie wie am Spiess und sah sich wohl schon im Sack davongetragen zu werden und als köstliche Mahlzeit für die Monster.
Bill verfolgte unterdessen einen anderen Jungen, der sehr flink war. Unter der Maske war es unheimlich heiss und er fing schon an zu schwitzen und wirklich zu röcheln. Doch er schaffte es ihn einzuholen, da dieser gerade ein paar Kumpels erreicht hatte und sich etwas sicherer fühlte. Bill trat trotzdem auf ihn zu und bemerkte, wie ihm Schweiss herunterrann. Der Junge sah dies auch und stiess vor Entsetzen hervor:
„Iiiih! Der trielt ja schon!“; während Bill laute Schmatzgeräusche imitierte.
Jäh unterbrochen wurde der Spass, als ein erzürnter Vater mit seinem an der Hand winselnden Sohn angerannt kam und uns beschimpfte. Wir konnten uns alle schnell verdünnisieren und hatten Glück, dass wir nicht erkannt werden konnten, denn ich sah diesen Mann noch öfters und war froh, meine Frankensteinmaske aufgehabt zu haben.